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Malerei, Literatur und Bienenstich in Bahnitz

Blick ins Publikum

Foto (c) Jana Franke

29. August 2021

von Jana Franke

Durch nymphengrüne Alleen fahren, die sich zu Blätterröhren verdichten, denen der Regen Stimme verleiht. Sich auf einer
Fähre sicher über den Fluss tragen lassen, an dessen Rand Seerosenteppiche Wellen schlagen. An Sonnenblumenfeldern
vorbeieilen. Mächtige Vogelschwärme aufschrecken und den Kranichpaaren zublinzeln, die grazil auf den Feldern neben
den Heuballen stehen und plauschen.
Tief im Milower Land also.

Manch einer musste durch Autobahnstaus kriechen, um hierher zu kommen. Zu empfehlen ist das nicht.

Hin zu Bodo Rau in die Kunsthalle Bahnitz, in der internationale Künstler und Kooperationen alljährlich die
große Fangemeinde mit ihrer Sicht ins Gespräch bringen. Hier zu lesen, war mir schon letztes Jahr eine Freude.

Auf dem Dorf schraubt sich die Zeit nur langsam himmelwärts. Ein stiller Hof voll stahlgeflossener Träume, die Schwalbe
saust ins Nest und Thomas raunte: Wir kürzen eher, wenn keiner kommt. Ich dachte, warte ab, hier kommen sie knapp.
Sonst lesen wir eben für das Gastgeberpaar. Die berühmte Ein-Mensch-Lesung müssen wir ja auch mal erleben dürfen,
aber im nächsten Umwenden sind die Sitzplätze mit Kulturinteressierten besetzt, die sich aus unzähligen A10-Staus schälten, aus Bamberg, Schwerin, Berlin, Galeriebesitzer und Künstlerinnen vom anderen Ende Brandenburgs kamen durch den Regen. Es wurden noch Stühle gebracht, wir redeten über das Glück, sich wieder treffen zu können, noch da zu sein, gemeinsam Literatur zu genießen und Bodo Rau begrüßte das Publikum, fragte den Impfstatus ab und stellte uns vor.

Die diesjährige Ausstellung „Die Freiheit, frei zu sein“ korrespondiert ausgezeichnet mit den Texten aus „Hier ist herrlich arbeiten“ und so lasen wir, anlässlich der Finissage zwischen den Bildern und Installationen. Rita König, Thomas Bruhn und moi.

Fly me to the moon / Let me play among the stars … jazzte der junge Hamburger Gitarrist und Sänger Muyaka Hage zu
Beginn. Sein warmes Timbre tanzte zwischen den Sternen und Thomas führte leichtfüßig durchs Programm.

Viele im Publikum lehnten sich zurück und schlossen beim Zuhören die Augen, ganz dem jeweiligen Vortragenden und der
Musik folgend, die sich immer wieder hineinwob. Aufmerksam waren sie, versunken, um dann wieder hoch aufgerichtet und
mit offenen Mündern zu lauschen oder herzhaft zu lachen. Der Beifall zwischendurch beschenkte uns jedesmal neu.

Wir lasen neben unseren Werken auch ausgesuchte Geschichten der anderen. Nach Ritas wohlklingender Zuckerrübenernte, erdachte Thomas noch eine, ich nenne es mal „Schluss-Satz-Sinfonie“. Einzelne Sätze aus den Texten der Anthologie
extrahiert, die wir uns gegenseitig zulasen.
Ein großer Spaß.

Applaus, Applaus und die gute Stunde war verflogen.

Bodo Rau lud noch zu selbstgebackenen köstlichen Bienenstich und Kaffee an eine lange Tafel ein. So etwas gab es lange
nicht. Inmitten der Bilder führten wir Gespräche über interdisziplinäre Arbeitsweisen, die nächsten Projekte, dass
wir Drei sicher schon öfter gemeinsam gelesen haben, so gut wie das ging. Nein, es war Premiere. Weiter über
Zusammenarbeiten, die Wendezeiten, dass Leben nach 89. Bücher würden verkauft, Autogramme gegeben, innige Gespräche
geführt.

Eine Sommertafelgesellschaft in der jeder willkommen war die Freiheit, frei zu sein, selbst in die Hand zu nehmen. Hier ist herrlich arbeiten. In der Tat!

Dann rollten die Ersten von dannen, war ja auch schon dunkel.

 

 

Gefördert durch den Brandenburgischen Literaturrat aus Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.