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Schöner Sonntag am Rand. In Zollbrücke

Wenzel Benn, Thomas Bruhn, Carmen Winter, Jana Franke (v.l.n.r.)

Foto (c) Uwe Wegwert

06. Septmeber 2021

von Thomas Bruhn

Auf der Rückfahrt im Auto sagte Carmen: Schöne Lesung. Sie sagte: Schönes Wetter. Und weiter sagte sie: Schönes Catering, schöne Oder und schönst geschmecktes Eis. Und dann noch: Rundherum alles schön. Ich fragte: Zu schön, um wahr zu sein? ― Nö, jedes Wort wahr.

Ich kann machen was und wie ich es will, komme ich ins Oderbruch fällt mir unweigerlich ― es ist ein Reflex, ich weiß nur nicht ob eine bedingter oder ein unbedingter ― der Text von Hacks ein: Als ich kam ins Oderluch, / Weiden und saures Gras . . . In der zweiten Strophe sind dann die Bagger dran und in der dritten singen die Mädchen im Korn. Bruder, so war das. Schwester, so ist es! 

Heute waren zwei Mädchen und zwei Jungs mit von der Partie. Es wurde nicht gesungen, aber Literatur vorgelesen. Und auch nicht im Korn, sondern in Zollbrücke. Theater am Rand, seit 1998 eine der besonderen Adressen, wenn es um Kunst in Brandenburg geht. Besucher nehmen weite Reisen in Kauf und alle Unbill, die im Kalender steht, um dort eine Vorstellung zu erleben. 

Wir lasen zu dritt: Jana Franke, Carmen Winter und icke; musikalisch begleitete Wenzel Benn mit dem Saxophon.

Matinee bedeutet früh aufstehen. Die Stimme schläft zwei Stunden länger als der Körper, die hats gut. Auf der Strecke von Frankfurt (Oder) nach Zollbrücke lag noch manche Nebelbank über der Landschaft. Aber wenn der Nebel sich hob oder gänzlich sich auflöste, stellten sich die Augen auf Weite ein. Sehen, soweit das Auge reicht. Das war einst der erste Eindruck vom Bruch und ist es heute noch. Im Bruch, so sagt der Volksmund, kann man am Mittwoch sehen, wer am Sonntag zu Besuch kommt. 

Die Entscheidung den Lesetisch nicht auf, sondern vor die Bühne zu stellen, hatten Jana und Wenzel schon getroffen. Ran an die Zuschauer und Zuhörer und Tontechnik weg. Die Akustik lud förmlich zu dieser Entscheidung ein. Die Besucher sagten nach der Vorstellung, daß sie die Nähe durchaus genossen und jedes Wort verstanden hätten. Nähe und Distanz zugleich, das mach mal einer nach.

Das Schöne an den meisten Texten, die wir heuer lesen, ist, daß sie nichts damit zu tun haben, weil sie davor entstanden sind. 

Es gibt Kollegen, die suchen sich die Muggen nach dem Catering aus. Im Theater am Rand wären sie goldrichtig. Das mag daran liegen, daß die Theaterleute selbst genug unterwegs sind und wissen, was einem auf Gastspielreise gut tut. Kaffee und Tee, Säfte und Brausen, Wässerchen und Wasser, Stullen zum Selberschmieren und Selberessen, Obst und Gemüse und zum Mittag, an einem warmen Tag, aus der Randwirtschaft eine wunderbare Dahl-Suppe. 

Die Besucher fuhren, so hatten wir den Eindruck, gut unterhalten und inspiriert nach Hause ― wir folgten, nach dem Besuch des Ziegenhofes, gut verköstigt und mit diversen Köstlichkeiten versorgt. 

Ein schöner Sonntag. Im wahrsten Sinne des Wortes. Herrliches Arbeiten. Was will man mehr.

 

 

1 Kommentar

  1. … als wäre ich dabei gewesen, allett wahr, so wahr. so schön war dette. 🙂

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